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Christian Maryška

"bevorraten"

Nur Bares ist Wahres

Ein Kilogramm Lebensmittel pro Tag und Person legen das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten und der Österreichische Zivilschutz dem Bürger als Vorrat für den Ernstfall an das besorgte Herz. Empfohlen wird eine Auswahl von abgezählten zwanzig Esswaren, die als eiserne Ration die Versorgung mit der richtigen Mischung aus Kohlenhydraten, Eiweiß, Vitaminen etc. auch in schweren Zeiten sichern soll.

Dass es einen solchen Ratgeber überhaupt gibt, ist ein verräterisches Charakteristikum der Konsumgesellschaft. Vorräte zu hamstern war natürlicherweise erforderlich - solange die Früchte aus Feld und Garten nur saisonal verfügbar waren: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. Nach den sieben fetten Jahren kamen die sieben mageren und zehrten den Überschuss der fetten wieder auf.

Heute ist das alles anders. Die Praxis des Bevorratens ist zum Geschäft geworden. Der Einzelne braucht nicht mehr selber denken, sondern kann auch verderbliche Waren nahezu jederzeit in nahezu jeder Auswahl und Menge im Supermarkt erwerben. Und wo kommen die Warenlager für den Ernstfall heute her? Natürlich ebenfalls aus den Paradiesen des Konsums. Damit ist das zeitgenössische Modell des Bevorratens aus dem Kreislauf schlicht nicht wegzudenken, der es in seiner heutigen Form erst notwendig macht.


Genau an diesem Punkt setzt Christian Maryška an. Seine Bilder tragen Strichcodes, die symbolisch für jedes der empfohlenen Lebensmittel stehen. Damit paraphrasiert er das Konsumsystem und bringt auf den Punkt, wo dort der Hund begraben liegt. Die Reduktion von lebensrettenden Speisen auf ihren im Konsumprozess verwendeten Code sorgt für eine Abstraktion des empfohlenen Bevorratens auf ein ganz und gar theoretisches Konzept, mit dem im erwähnten Ernstfall nicht viel anzufangen wäre: Essbares wird auf Barcodes herunter gerechnet. Doch die sind leider ungenießbar.

Andrea Winklbauer